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Zur Kasse gebeten: Die heimtückischen IGeL

© Tadeusz Lakota, Unsplash

»Gesundheit ist die erste Pflicht im Leben«, hat schon der irische Schriftsteller Oscar Wilde gesagt. Je älter man wird, umso wichtiger ist das körperliche Wohlbefinden und umso sensibler reagiert man auf jede kleine Veränderung. Der Rücken schmerzt, die Augen lassen nach, manchmal spürt man ein Stechen in der Brust oder jemand Nahestehendes hat die schlimme Diagnose »Krebs« erhalten. Keine Gedanken, mit denen man sich im Alter herumschlagen will, und dennoch ein Grund, schnell in Panik zu verfallen und auf Nummer sicher gehen zu wollen. Manche Ärzt*innen raten ohnehin zu frühzeitigen Vorsorgeuntersuchungen. »Vorsicht ist besser als Nachsicht!«, hört man dann. Aber viele dieser »Vorsorge«-Untersuchungen muss die*der Patient*in selbst zahlen. Individuelle Gesundheitsleistungen – kurz: IGeL – spalten die Gemüter und können dem Vertrauen zwischen Ärzt*innen und Patient*innen schaden.

Was sind IGeL?

IGeL sind überwiegend Vorsorgeuntersuchungen/-behandlungen sowie Früherkennungsmaßnahmen, die nicht im gesetzlich festgelegten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorgeschrieben und somit kostenpflichtig sind. Manche Krankenkassen übernehmen jedoch vereinzelt oder teilweise die entstehenden Gebühren, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern herauszustechen. »Fast jeder Zweite (48 %) hat in den vergangenen drei Jahren ein IGeL-Angebot erhalten oder selbst danach gefragt«, teilte Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen), auf einer Pressekonferenz im Mai vergangenen Jahres im Rahmen des IGeL-Reports 2018 mit. Dennoch würden 59 % der Befragten, die IGeL kennen, diese Leistungen kritisch sehen.

Welche IGeL sind im Alter sinnvoll und wo kann man sich über sie informieren?

»Aus meiner Sicht sind auch im Alter keine IGeL sinnvoll«, sagt Dr. Detlef Roshop, Internist aus Hamburg, der selbst den PSA-Test anbietet, eine Prostatavorsorgeuntersuchung für Männer. »Ich halte grundsätzlich wenig von IGeL-Leistungen und betrachte diese kritisch. Der PSA-Test befindet sich momentan in einer Grauzone und es wird diskutiert, ob er nicht doch im Rahmen einer Vorsorge von der GKV einheitlich übernommen werden soll.« Es gibt verschiedene Gründe, warum sich jemand für eine kostenpflichtige Vorsorge entscheidet. Zum einen ist es das beruhigende Gefühl, das durch einen negativen Befund ausgelöst werden kann, und die*der Patient*in weiß, dass alles in Ordnung ist. Zum anderen lassen sich gerade ältere Menschen, die genetisch vorbelastet sind oder große Angst vor Krankheiten haben, zu IGeL-Leistungen hinziehen. »Ängste werden wunderbar bedient. Hypochonder sind Kassenschlager für IGeL«, so Dr. Roshop. Eine Hilfe bei der Entscheidung bietet der IGeL-Monitor (igel-monitor.de). Er zeigt auf, ob es sich lohnt, eine Selbstzahlerleistung in Anspruch zu nehmen, oder nicht. Dafür analysiert er wissenschaftliche Untersuchungen und ermittelt den Nutzen bzw. Schaden einer IGeL. Bisher wurden insgesamt 49 Leistungen bewertet, mehr als die Hälfte als »tendenziell negativ« oder »negativ«. Das bedeutet, dass der Schaden größer ist als der Nutzen. Laut IGeL-Report 2018 haben lediglich drei Leistungen eine »tendenziell positive« Bewertung erhalten, bei denen der Nutzen größer sei als der Schaden. Dazu zählt unter anderem die Akupunktur zur Migräneprophylaxe.

Dr. Peter Pick zieht bei diesem Ergebnis ein eindeutiges Resümee:

»IGeL-Angebote orientieren sich nicht am medizinischen Nutzen, sondern eher an den Vorlieben einzelner Arztgruppen und wohl auch an den Umsatzinteressen der Ärzteschaft.«

Tipps zur Entscheidung

  • Fragen Sie immer nach den Kosten für etwaige Untersuchungen
  • Informieren Sie sich über die möglichen Nebenwirkungen der Untersuchung
  • Lassen Sie sich nicht von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt überreden und nehmen Sie sich eine Bedenkzeit
  • Holen Sie sich eine zweite Meinung ein und schauen Sie gegebenenfalls nach Bewertungen des IGeL-Monitors

Hier können Sie sich zusätzlich zum IGeL-Monitor informieren:

Krankenkassen

Fragen Sie Ihre Krankenkasse nach einer möglichen Kostenübernahme. Obwohl sie sich fast aus – schließlich an dem festgelegten Leistungskatalog des Gemeinsamen Bundesausschusses orientieren, beteiligen sich manche an den Gebühren für IGeL.

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