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Multikulti im Seniorenzentrum

Laxmi-Kellhuber-und-Josefine-Putz
© Eric Langerbeins/COMMWORK Werbeagentur GmbH

Willkommen in Deutschland!

Die Alltagsbegleiterin aus Rumänien, der Gerontologe aus der Ukraine, die Pflegerin aus dem Kongo: Immer mehr Beschäftigte in Senioreneinrichtungen haben einen Migrationshintergrund – und das ist gut so! Nur mit ihrer Hilfe lässt sich der Mangel an Arbeitskräften in Deutschland in den Griff bekommen. Nicht zuletzt wegen unserer Grundwerte wie Toleranz und Solidarität sind Menschen mit ausländischem Pass gern bei der AWO im Dienst. Ein Bericht über Multikulti im Seniorenzentrum.

Jeden Morgen fährt John Chiboy die 1,2 Kilometer bis zum AWO Seniorenzentrum »Bürgerstift«. Eine kurze Distanz im Vergleich zu dem Weg, der hinter ihm liegt: Der 31-Jährige flüchtete mit Frau und Kind von Nigeria ins Berchtesgadener Land. Unterschlupf fand die junge Familie im Asylheim Bruch-Ainring, das die Freilassinger AWO Küche täglich mit Essen versorgt. »Wir sind ein offenes Haus«, so Einrichtungsleiter Andreas Achmed Weis, selbst Halbägypter. »In der Heimat meines Vaters gibt es den Grundsatz, dass sich der Gast in der fremden Wohnung wie zuhause fühlen soll.« Er veranlasste einen Job für Herrn Chiboy, der seit August in der Hauswirtschaft aushilft.


Andreas-Achmed-Weis
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Andreas Achmed Weis Einrichtungsleiter im AWO Seniorenzentrum »Bürgerstift« in Freilassing:

»Ohne unsere ausländischen Mitarbeiter könnten wir die Pflege gar nicht aufrechterhalten. Rund ein Drittel der Belegschaft im »Bürgerstift« hat einen Migrationshintergrund. Und von den neun Azubis sind acht nicht in Deutschland geboren.«

 


Nach neuesten Prognosen werden bis Jahresende rund 800.000 Einwanderer nach Deutschland kommen. Viele wollen auch bleiben. Zum Glück! Sie wären eine Lösung gegen den Arbeitskräftemangel, der dem Land schon jetzt erheblich zusetzt, vor allem im Gesundheitswesen. Nach Expertenschätzung wird im Zuge des demografischen Wandels die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit ca. 2,3 Millionen bis 2030 auf rund 3,4 Millionen steigen.


Angelique-Bompolonga
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Angelique Bompolonga kommt gebürtig aus dem Kongo, Zentralafrika, und ist über Belgien und Frankreich nach Deutschland gelangt, wo sie inzwischen im AWO Seniorenzentrum Michael-Herler-Heim in Singen als Altenpflegerin arbeitet:

»Ich bin in einer großen Familie mit vielen Geschwistern aufgewachsen. Füreinander da zu sein ist für mich eine Selbstverständlichkeit.«

 


Die Kroatin Ivana Lovrek kam vor gut einem Jahr nach Freilassing, wo sie als gelernte Krankenschwester schnell einen Job bei der AWO fand. »Der Anfang war schwer, zumal ich meinen Mann und unsere drei Kinder zurücklassen musste«, sagt die 35-Jährige und fügt mit einem Strahlen im Gesicht hinzu: »Aber inzwischen verdiene ich fast viermal so viel wie früher. Deshalb ist seit Kurzem auch meine Familie hier – uns geht es gut!« Ihre Kollegin, die aus Sibirien stammende Helene Sommer, lebt zwar schon seit zwanzig Jahren in Deutschland, kann sich aber noch gut daran erinnern, wie sie anfangs nur mit Wörterbuch durch die Flure lief.

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Wobei ihr die Russischkenntnisse auch halfen. »Bei uns wohnen recht viele Aussiedler, und die freuen sich, wenn sie ihre Muttersprache hören«, sagt die Pflegefachkraft. Gerade demenziell Erkrankte würden dann wieder reden wie einst, als sie jung waren. Einer der Gründe, warum nicht nur Einrichtungsleiter Weis, sondern auch andere Häuser in Bayern verstärkt auf Mitarbeiter aus Osteuropa setzen: In der Nachkriegszeit kamen vor allem nach Süddeutschland tausende Vertriebene, von denen inzwischen viele in den Seniorenzentren leben. Und die fühlen sich gleich wohler, wenn das Personal dieselben Wurzeln hat. Geradezu prädestiniert für kultursensible Pflege ist Laxmi Kellhuber. In ihrer Heimat Nepal lernte sie ihren späteren Mann kennen, der dort im Urlaub war. Er nahm sie mit nach Bayern, und Laxmi machte in der Hans-Weinberger-Akademie der AWO eine Altenpflege-Ausbildung – Abschluss 2013 mit der Traumnote 1,0! Seit Juli studiert die 29-Jährige nun parallel zu ihrer Arbeit im AWO Georg-Schenk-Haus noch Pflegemanagement in München. »Ist schon sehr anstrengend«, sagt Laxmi, »aber wir Buddhisten setzen uns nicht so unter Druck wie die Menschen hierzulande, wir sind von Natur aus gelassener.«


Alexsey-Ruf
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Alexsey Ruf aus Kiew ist gerontopsychiatrische Fachkraft im ambulanten Dienst des AWO Seniorenzentrums Traunreut:

»Weil ich nicht der Armee dienen wollte, bin ich 1992 nach Deutschland gekommen und habe mich vom Pflegehelfer zur gerontopsychiatrischen Fachkraft hochgearbeitet. Zuletzt ließ ich mich zum Wohnbereichsleiter ausbilden. Traunreut ist multikulti – ich habe hier meine zweite Heimat gefunden.«


 

Das ist nicht der einzige Unterschied. Welche Bereicherung, aber auch Herausforderung die Arbeit mit und in einer anderen Kultur mit sich bringt, weiß man bei der AWO/AJS Thüringen. Um einen Teil des großen Bedarfs an Altenpflegern zu decken, rekrutierte man dort 2014 gut ausgebildete Fachkräfte aus China. Nach Sprachtraining und einer intensiven interkulturellen Schulung vor Ort sind seit letztem Sommer 13 Frauen und Männer aus dem Land der Mitte im Einsatz. »Mit ihrer freundlichen Art und dem großen Respekt vor dem Alter kommen sie bei den Bewohnern sehr gut an«, erzählt Tobias Strecker, Regionalleiter in Ilmenau. Damit sich die neuen Mitarbeiter fern der Heimat wohlfühlen, stehen den Chinesen in jeder Einrichtung bei Fragen und Sorgen Mentoren zur Seite. Trotz des großen Zeit- und Geldaufwands bildet man neuerdings sogar selber junge Menschen aus anderen Nationen aus. Um die deutschen Pflegestandards von Grund auf zu erlernen, haben kürzlich junge Vietnamesen als Azubis bei der AWO/AJS Thüringen angefangen.

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Einig sind sich alle: Ob aus Asien, Afrika oder Osteuropa – die Zukunft heißt Multikulti! Gut so, denn Zuwanderer sind nicht nur eine wichtige Stütze in unserem Pflegesystem, sie bringen auch frischen Wind, neue Erfahrungen und Kenntnisse mit sowie meist eine Extraportion Herzensgüte. Also, halten wir es doch wie Volker Schneider, Einrichtungsleiter im oberbayerischen AWO Haus Burghausen, der sagt: »Mir kann es gar nicht bunt genug sein!«

 

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